Da fragt man sich natürlich immer: woran hat et jelegen? 😂
Mal ganz im Ernst – das bringt es besser auf den Punkt als man meinen würde. Ich glaub es gibt wenig Tasks, die einen als SEO Consultant so regelmäßig heimsuchen wie die Analyse „wieso der SISTRIX Index gesunken ist“. Das kann durchaus etwas nervtötend sein, ist aber auch vollkommen nachvollziehbar, wenn das Gegenüber in SEO investiert und dann die Kurve einer „wichtigen SEO-Metrik“ für die eigene Domain sieht, die sich verschlechtert.
Wieso habe ich das in Anführungszeichen gesetzt? Nicht weil ich dem SISTRIX Index (oder vergleichbaren Sichtbarkeitswerten) seine Relevanz absprechen möchte. Aber ich nenne den SISTRIX Index immer liebevoll die wohl missverstandenste SEO Metrik von allen. Alle reden davon – die wenigsten verstehen wirklich, wie er berechnet wird – geschweige denn was er aussagt und vor allem was er nicht aussagt. Aber darum soll es in diesem Artikel gar nicht gehen.
Deswegen nur nochmal in aller Kürze und oberflächlich:
Wie berechnet sich grundsätzlich der SISTRIX Index? Es gibt einen festgelegten Pool an Keywords pro Land, der laut SISTRIX einen guten Querschnitt über verschiedenste Branchen, Search Intents, etc. bildet. Der Indexwert einer jeden Domain berechnet sich immer aus der Summe, die anhand aller Rankings dieser Domain für diesen Keywordpool, dem Suchvolumen dieser Keywords und der Klickwahrscheinlichkeit dieser Keywords gebildet wird. Ganz vereinfacht: je mehr Rankings, mit hohem Suchvolumen und hoher Klickwahrscheinlichkeit desto höher der Indexwert. Unabhängig davon, ob diese Keywords für Euch businessrelevant sind. Was kann man aus dem SISTRIX Index ablesen? Der Indexwert zeigt im zeitlichen Verlauf, ob eine Domain grundsätzlich mehr oder weniger sichtbar auf Google in einem spezifischen Land ist (gemessen am „Standard Keywordpool“). Man kann mithilfe des Index auch gut generelle Entwicklungen in Branchen betrachten, Benchmarken usw. Was kann man aus dem SISTRIX Index nicht ablesen? Der Indexwert zeigt nicht, ob sich der organische Traffic analog auch verbessert oder verschlechtert hat. Ihr könnt allein am SISTRIX Index keine Rückschlüsse ziehen, ob die Veränderung einen Business Impact für Euch hat (egal ob positiv oder negativ). Was ist ein guter SISTRIX Wert? (Random SEO Floskel incoming) It depends. Das hängt immer stark von der Branche und der Größe deiner Domain ab. Während für einen großen Onlineshop vielleicht ein Indexwert von 100 ein Top Wert ist, performt eine nischige B2B Seite schon überragend bei einem Indexwert von 3. Ausschlaggebender sind i.d.R. die Entwicklung des Wertes und der Vergleich zum Wettbewerb – nicht der absolute Indexwert. |
Wie geht man also am besten ran, wenn es mal wieder heißt: „kannst du dir mal anschauen, warum unser SISTRIX Wert sinkt?“
Grundsätzlich gibt es zwei Dinge zu analysieren:
- Warum ist der SISTRIX Index gesunken?
- Ist es schlimm, dass der SISTRIX Index gesunken ist?
Für beide Analyseschritte gibt es natürlich zig Ansatzpunkte. Wenn du allerdings auf der Suche nach Inspiration bist, was du alles prüfen könntest, kommt hier eine (sicher unvollständige) Liste mit Ideen.
Ursache(n) für den gesunkenen SISTRIX Index finden
Schritt 1: Versuche ein Muster zu erkennen (sofern es eins gibt):
- Seit wann ist der SISTRIX Wert gesunken?
- Gab es im gleichen Zeitraum Google Updates?
- Worauf haben diese Updates abgezielt und wie wahrscheinlich ist es, dass die Domain davon beeinträchtigt ist? (Faustregel: wenn dich ein Google Update direkt in voller Härte trifft, gibt es meist einen relativ abrupten Sichtbarkeitsabfall)
- Sind alle Verzeichnisse gleichermaßen betroffen?
- Sind transaktionale und informationale Seiten / Verzeichnisse gleichermaßen betroffen? (z.B. Shop vs. Ratgeber)
- Sind alle Seitentemplates gleichermaßen betroffen? (z.B. Kategorieseite vs. PDP)
- Sind mobile und Desktop Sichtbarkeit gleichermaßen betroffen?
- Sind alle Sprachvarianten gleichermaßen betroffen?
- Entwickelt sich meine Domain in mehreren Ländern negativ? (sofern du in mehreren Ländern aktiv bist)
- Ist ein bestimmter Keyword-Typ bei den verlorenen Rankings hauptsächlich verantwortlich für die Entwicklung? (Search Intent, Short Head vs. Longtail, Thema, Brand vs. Nonbrand …)
- …
Schritt 2: Versuche rauszufinden, ob sich beim Wettbewerb ein ähnliches Bild zeigt
- Wie sieht der Verlauf bei meinen SEO-Wettbewerbern aus? Falls es hier ähnlich aussieht, prüfe die Themen, die oben zu einem erkennbaren Muster geführt haben, um deine Hypothese(n) zu validieren.
- Gehöre ich zu den Top Verlieren in SISTRIX in meinem Land in diesem Zeitraum?
- Gehören meine Wettbewerber zu den Top Verlieren in SISTRIX in meinem Land in diesem Zeitraum?
- Lässt sich damit ein Rückschluss auf ein Google Update ziehen? (z.B. nur große Domains betroffen)
- Lässt sich ein Rückschluss auf eine Änderung des SERP Layouts ziehen?
- …
Schritt 3: Kann ich akut was dafür, dass der SISTRIX Index gesunken ist?
Hier habt ihr vermutlich am besten auf dem Schirm, was es ggf. im entsprechenden Zeitraum für größere Änderungen an Eurer Domain gab. Fragt euch: „Was wurde unmittelbar vor dem Sichtbarkeitsdrop an der Seite geändert?“ Redet mir euren Devs, ob es einen Deployment gab und was dabei geändert wurde…
Mögliche Ursachen sind hier vermutlich am offensichtlichsten:
Gibt es technische Probleme, die zu dieser Veränderung geführt / beigetragen haben? (Crawl und Google Search Console zu Rate ziehen)
- Seiten nicht erreichbar?
- Redirects falsch gesetzt?
- Alte Redirects gekillt?
- Seiten gelöscht und relevante Backlinks gehen jetzt ins Leere?
- Seiten aus Versehen auf noindex? Kanonisiert? Per robots.txt gesperrt?
- Anzahl der URLs hat sich stark verändert?
- Neue Templates und / oder Navigation mit geänderter interner Verlinkung?
Gibt es andere eindeutige Veränderungen an der Seite?
- Backlinks verloren?
- Spam Attacke?
- Habe ich größere Änderungen am Inhalt vorgenommen, die sich nicht ausgezahlt haben?
- Hat jemand A/B Tests eingeführt, die nicht SEO-freundlich umgesetzt werden?
- …
Ist es schlimm, dass der SISTRIX Index gesunken ist?
Je nachdem, was Eure Analyse bis zu diesem Punkt ergeben hat, könnt ihr vielleicht schon abschätzen, was die Antwort auf diese Frage sein wird. Vielleicht steht ihr aber auch immer noch im Dunkeln – das ist durchaus möglich. Deswegen hier ein paar Ideen und Tipps für den 2. Analyseschritt.
- Idealerweise habt ihr ein Rank Tracking eurer wichtigsten strategischen Keywords aufgesetzt in einem Tool eurer Wahl, das vielleicht einen projektbasierten Indexwert berechnet – wie sieht hier die Entwicklung aus?
- Exportiert Euch die Trafficdaten aus der Google Search Console für die gesamte Domain und vergleicht sie mit dem vorherigen Zeitraum oder idealerweise mit dem Vorjahr, um nicht in die „Saisonalitätsfalle“ zu tappen. Hier sind standardmäßig nur 3 volle Monate möglich, aber idealerweise habt ihr schon von Anfang an Eure GSC Daten automatisiert in ein Spreadsheet (Tooltipp: Supermetrics, Search Analytics for Sheets oder natürlich eigenes AppScricpt) oder ähnliches geschrieben, damit ihr jetzt größere Zeiträume im Vorjahresvergleich betrachten könnt.
- Nehmt den gleichen Vergleich für Brand vs. Nonbrand Traffic vor (Achtung bei Filterung der Klicks in der GSC: „Suchanfrage ohne Brand“ + „Suchanfragen mit Brand“ ergeben addiert nie 100% 😉)
- Vergleicht den Traffic für einzelne Verzeichnisse / Seitenbereiche, die bei der Analyse davor ggf. schon auffällig waren
- Prüft stichprobenartig, ob ihr für suchvolumenstarke Keywords vor dem Sichtbarkeitsverlust überhaupt Traffic generiert habt oder ihr vielleicht nur einfach nicht mehr für diese ausgespielt werdet (großes Suchvolumen = großer Impact auf den Indexwert, aber ggf. keine nennenswerte Auswirkung auf Klicks)
- Sofern vorhanden: prüft natürlich den organischen Umsatz, ob es hier möglicherweise Konsequenzen gab
- …
Und nu?
Und jetzt kommt der spannende Part: entweder ihr könnt es eindeutig auf einen Fehler zurückführen, den ihr beheben könnt (z.B. technischer Natur) ODER ihr müsst es für den Moment hinnehmen, dass der SISTRIX Index sinkt. Die Erfahrung zeigt, wenn das der Fall ist, merkt ihr jetzt sehr schnell, ob die SEO-Strategie was taugt. Idealerweise ändert sich nämlich an Eurer Strategie gar nichts, weil sie so oder so auf die richtigen Verbesserungen abzielt.
Übrigens: Habt ihr euch – wie oben beschrieben – die Ranking-Entwicklung eurer wichtigsten Keywords angeschaut, habt ihr ganz beiläufig euer Keywordset definiert, sofern noch nicht vorhanden. Hinterlegt das im Tool eurer Wahl und kommt in den Genuss von eurem ganz individuellen Sichtbarkeitsindex – beim nächsten Google Update gibt euch das direkt einen verlässlicheren Überblick, ob ihr positiv, negativ oder gar nicht betroffen seid. Das spart euch im Idealfall beim nächsten Mal viele Stunden Analyse oder ihr bekommt schneller relevantere Ergebnisse.
Mein Tipp: analysiert solide aber lasst Euch auch nicht von jeder SISTRIX Schwankung ins Boxhorn jagen – so manche davon lässt sich auch bequem aussitzen, ohne dass die (SEO-)Welt untergeht 😊